Auswahl aus bislang über 200 Medienberichten

Westfalenspiegel - 63. Jg., 5/2014, S. 17 (Klaudia Sluka)

Landleben. Mehr Licht als Schatten.

35.000 Dörfer gibt es in Deutschland - und keines gleicht dem anderen. Wer sich für das Landleben interessiert, wer wissen möchte, was an der "alten Zeit" eigentlich so gut war und ob die heute so viel beschworene Landlust tatsächlich Bestand hat, der kommt an Gerhard Henkels opulentem Bildband "Das Dorf - Landleben in Deutschland gestern und heute" nicht vorbei. Gerhard Henkel, der als "deutscher Dorfpapst" und Nestor der deutschen Dorfforschung gilt, hat hier ein rund 350 Seiten starkes Standardwerk veröffentlicht, das sich nicht nur an Wissenschaftler, sondern bewußt auch an interessierte Laien richtet. Nach einer spannenden Zeitreise in die dörfliche Gesellschaft, Kultur und Politik vom Mittelalter bis Mitte des 20. Jahrhunderts, stehen das "moderne Dorf" und der Strukturwandel auf dem Land ab 1950 im Mittelpunkt des großformatigen, mit über 300 Abbildungen, Übersichtskarten und Grafiken üppig ausgestatteten Buches. In verständlicher Sprache werden wesentliche Forschungsergebnisse zusammengefasst, zahlreiche Statistiken und noch mehr Beispiele geliefert. "Mehr Licht als Schatten" lautet das Fazit der Analyse, die gegenwärtige Schwächen wie Abwanderung und Leerstände, vor allem aber Chancen und Perspektiven des Dorflebens aufzeigt. "Dorf und Land haben heute die beste Phase ihrer Entwicklung", stellt Henkel fest. Damit das so bleibt, brauche das Dorf "auch in Zunkunft die Kompetenz und das Mitmachen seiner Bürger".


Deutscher Städte- und Gemeindebund - Newsletter v. 20.6.2014 (Franz-Reinhard Habbel)

Gerhard Henkel ist mit diesem Band, seiner ansprechenden Gestaltung, den wissenschaftlich fundierten und mit persönlichem Engagement vorgetragenen Inhalten schon jetzt ein unverzichtbares Standardwerk der sozialgeographischen Literatur Deutschlands gelungen.


Heimatpflege in Westfalen – 26. Jg., 6/2013 (Greta van der Beek-Optendrenk)

Kaum eine Publikation über Dörfer in Deutschland kommt ohne nostalgische Ausschweifungen oder ohne den verzückten Blick auf traditionell-verklärtes Landleben aus. Dieses Buch indessen ist eine Beschreibung und zugleich eine Analyse des alten und des modernen Dorfes und verliert dabei niemals seinen wohlwollenden, sympathietragenden Grundton. 35.000 Dörfer gebe es in Deutschland, lässt uns der Autor wissen, und keines sei wie das andere. Das alte Dorf im Sinne des Autors gab es bis etwa 1800. Hierzu gibt er einen kurzen Abriss der Entstehung und Entwicklung von Dörfern vor dem Hintergrund der jeweiligen politischen Verhältnisse. Und er relativiert dabei das Bild der so häufig beschworenen „guten alten Zeit“. Im Mittelpunkt des Buches aber steht das moderne Dorf. Schon schnell wendet sich der Autor der Zeit ab 1950 zu, also dem Zeitraum, den er selbst und viele Dorfinteressierte“ aus eigener Anschauung oder unmittelbarer Erzählung kennen. In den vier Themenfeldern Wirtschaft und Versorgung, Bevölkerung – Soziales – Kultur, Gestaltung der Kulturlandschaft und Dorfpolitik beschreibt er vielfältige Facetten des Wandels. Wie Kurzgeschichten lesen sich die reich bebilderten und mit Grafiken ausgestatteten Kapitel. Beispielsweise führt uns der Autor von der Phase ländlicher Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln, Holz und Energie in die Blütezeit des traditionellen Dorfhandwerks aber auch weiter zur heutigen Infrastruktur mit Handwerks-und Gewerbeansiedlungen bis hin zum Tourismus als neuer Lebensader vieler Dörfer. Und eben diese Herangehensweise macht den Reiz, ja geradezu die Spannung des Buches aus. An keiner Stelle kann der Leser stehen bleiben oder abbrechen, stets will er wissen, wie es weitergeht und liest und liest! Dabei ist das Buch mit seinen rund 60 Themengebieten auch ein Nachschlagewerk. Das Dorf als Zufluchtsort für Zuwanderer wird ebenso behandelt wie das Dorf ohne Kirche, Schule und Laden. Neben diesem Bedauern kommt sofort wieder das Positive ins Spiel: die Kraftquellen des Dorfes. Nicht nur die traditionellen Vereine, sondern auch neue Dorfvereins-Typen, die sich mit der zukünftigen Entwicklung des Dorfes beschäftigten, seien zu beobachten. Die neuen Dorfvereine seien Bürgergruppierungen und Interessengemeinschaften und reagierten offenbar auf den Verlust kommunaler Selbstbestimmung. So enden dann auch die Betrachtungen des Autors mit zwei Szenarien zur Entwicklung des ländlichen Raumes und der Bilanz, dass das Dorf als Siedlungs- und Sozialform zu den Erfolgsmodellen europäischer Zivilisation und Geschichte gehört. Viele Beispiele, die auf den 343 Seiten herangezogen werden, sind aus Nordrhein-Westfalen, vor allem aus dem ostwestfälischen Raum. Allein schon deshalb ist das Buch ein „must have“ für alle, die sich in unterschiedlichster Weise für Dörfer engagieren, sei es in Vereinen, Dorfgemeinschaften, Kirchen, in der Politik oder im beruflichen Hauptamt.

 

Dr. Jürgen Römer, Korbach, Leiter der Stabsstelle Ländlicher Raum, Dorf- und Regionalentwicklung des Landkreises Waldeck-Frankenberg

Der Verf. dieses großformatigen und sehr schön ausgestatteten Buches lehrt Humangeographie an der Universität Essen, ist seit Jahrzehnten mit vielen Arbeiten zum Thema hervorgetreten und lebt seit seiner Geburt in einem westfälischen Dorf. Dies alles weist ihn bereits als Kenner der Materie aus. Das vorliegende Buch wird man durchaus als die Quintessenz eines Forscherlebens verstehen dürfen. Hier spricht ein genauer Kenner der Materie von hoher Warte, aber so, dass ihm der „normale“ Leser gerne und bereitwillig folgen kann und will. Der opulente Band ist in einen kurzen historischen Abriss über „Das alte Dorf“ und den Hauptteil „Das moderne Dorf“ gegliedert. Hier zeigt sich Henkels Vorgehensweise bereits deutlich: auf der Basis reichen historischen Wissens entfaltet er ein breites und umfassendes Panorama heutigen Lebens auf dem Lande mit seinen Vorzügen, aber auch seinen Schattenseiten und Problemen. Etwa die Hälfte der bundesrepublikanischen Bevölkerung lebt im ländlichen Raum und die große Mehrheit dieser Menschen ist damit zufrieden. Henkel betrachtet das Leben im Dorf und in der Kleinstadt in mehreren Kapiteln, die den Themen „Wirtschaft und Versorgung“, „Bevölkerung – Soziales – Kultur“, „Gestalt der Kulturlandschaft“ und „Dorfpolitik“ gewidmet sind. Sie sind wiederum in sich jeweils in eine Vielzahl kleinerer Unterpunkte eingeteilt, die eine auswählende Lektüre nach bestimmten Interessen leicht ermöglichen. Diese einzelnen Punkte befassen sich beispielsweise für das Hauptkapitel „Bevölkerung – Soziales – Kultur“ mit Fragen nach dem Ausmaß und den Ursachen der Landflucht, der Zuwanderung auf das Land, der allgemeinen Bevölkerungsentwicklung auf dem Land, der sozialen Gliederung der ländlichen Bevölkerung, den Eigenschaften „Ortsbezogenheit“ und „Zufriedenheit“, der Entwicklung von Dorfgemeinschaft und Nachbarschaftshilfe, der Kirche und der Schule im Dorf, den traditionellen und den modernen Vereinen im Dorf, Festen und Kulturveranstaltungen, der Jagd, der Beliebtheit dörflicher Lebensstile, dem Austausch zwischen Stadt und Land und dem Kontakt zwischen Dorf und Welt in globalisierten Zeiten. Äußerst angenehm ist der unvoreingenommene Blick Henkels auf die Dinge, wie sie sind. Er beschreibt, aber er wertet wenig. So kommen unter dem Stichwort „Kultur“ Trachtenvereine ebenso zur Geltung wie Rockkonzerte. Es geht dem Verf. nicht um ein vermeintlich Identität stiftendes Idealbild des glücklichen Lebens auf dem Lande, sondern um eine nüchterne, aber von Sympathie getragene Zustandsbeschreibung, bei der stets der Blick auch in die Zukunft gerichtet wird. An vielen Stellen kommen Menschen zu Wort, die aus ihrer Sicht Henkels Ausführungen ergänzen. Das sind Bürgermeister, Journalisten, Dorfhistoriker, Vereinsvertreter, Feuerwehrleute und viele andere mehr, die dem Buch eine angenehme Lebendigkeit verleihen. Zugleich werden so die vielen Erfolgsgeschichten von Zukunftsentwicklung auf dem Land, getragen von Kreativität, Solidarität und Engagement, anschaulich und mit einer großen Überzeugungskraft ausgestattet. Die in Henkels Buch verarbeiteten Eindrücke und Bilder stammen aus vielen Hundert Dörfern in ganz Deutschland und dürfen sicher verallgemeinert werden, zumal sie mit einer großen Zahl gut eingearbeiteter Daten aus Befragungen und Statistiken abgesichert sind. Aus dem Landkreis Waldeck-Frankenberg erscheinen die Orte Wrexen und Willingen sowie die Stadt Diemelstadt als Ganzes, aus dem näheren Umland Braunshausen, Grebenstein, Carlsdorf, Oedelsheim, Trendelburg, Borgholz, Warburg, Dalheim, Fürstenberg, Niederasphe und andere mehr; besonders interessant sind die Ergebnisse eines auf lange Zeit angelegten Forschungsprojekts über Elsoff (Bad Berleburg) im Kreis Siegen-Wittgenstein. Es ist im Rahmen einer Rezension nicht möglich, auf die zahllosen Einzelheiten und interessanten Informationen dieses Buches einzugehen. Es macht Lust auf und Mut für das Leben auf dem Land, das – entgegen vieler Kassandrarufe – seine Zukunft nicht bereits hinter sich hat. Henkel gibt Anregungen, wie es in scheinbar aussichtslosen Situationen in vom Aussterben oder von Verödung bedrohten Dörfern weitergehen kann. Daher gehört dieses Buch, das eine der bedeutendsten Neuerscheinungen der vergangenen Jahre ist, die auf den Schreibtisch des Rezensenten gelangt sind, in jede Amtsstube auf dem Land, in jede Ortsbibliothek und in das Bücherregal eines jeden Menschen, der sich für das Leben auf dem Land, seine Geschichte, Gegenwart und Zukunft interessiert. Der auf den ersten Blick recht hohe Preis wird durch den reichen, äußerst qualitätvoll illustrierten Inhalt mehr als gerechtfertigt. Dem Autor und dem Verlag kann man für dieses Werk nur danken.

 

Hausener Woche, Ausgabe 41/12 v. 9.11.2012 (Elmar Vogt)

Gerhard Henkel, emeritierter Professor für Humangeographie und Nestor der Dorfforschung, beschreibt in verständlicher Sprache das deutsche Dorf und hat das vorliegende Werk mit dem schlichten Titel "Das Dorf: Landleben in Deutschland - gestern und heute" überschrieben. In der allgemeinen Literatur wird das Dorf als "mehr oder weniger geschlossene, vorwiegend bäuerliche Siedlung auf dem Lande" beschrieben bzw. definiert.

Um es gleich vorwegzunehmen: Bei einem Umfang von 346 Seiten kann eine Besprechung allein schon aus Platzgründen diesem gewichtigen Werk nicht gerecht werden. Was fasziniert die Menschen am Dorf? Ist es die Nähe zur Natur und das Leben mit den Jahreszeiten? Ist es die Schönheit der in Jahrhunderten gewachsenen Kulturlandschaft? Die Überschaubarkeit, die Ruhe und das scheinbar einfache Leben? Ist es die Dichte der sozialen Beziehungen oder das Festhalten an Traditionen und alten Werten? Das vorliegende Buch beschreibt und erklärt das heutige Dorf, seine Strukturen, seine gesellschaftspolitische Bedeutung und seine Menschen. Um die Gegenwart besser zu verstehen, werden die gravierenden Veränderungen seit dem Mittelalter skizziert. Der Abschnitt "Kulturlandschaft" behandelt die Einbettung in die Landschaft, die Vielfalt der Dorf- und Flurformen. Neben der Siedlungsgeschichte gibt die Arbeit aber auch Einblicke in die Flur-, Rechts-, Orts-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Dörfer. Der Autor beschreibt das alte Dorfhandwerk, den modernen ländlichen Mittelstand, Tourismus, Infrastruktur und die Grundversorgung. Er verschweigt dabei keineswegs die Verluste der letzten Jahrzehnte, in denen Läden, Post und Schule immer mehr aus den Dörfern verschwanden, informiert vom Trend zum Pendlerdorf, aber auch von Gegenmodellen wie Dorfläden und Dorfgenossenschaften. Bei der historischen Betrachtung steht der Wandel des Dorfes von 1950 bis heute im Mittelpunkt. Die Vielfalt des Landlebens wird in diesem Band ausführlich dargestellt: der Wirtschaftsraum und die Bevölkerung, die kulturellen, sozialen, baulichen und ökologischen Werte - und nicht zuletzt geht es um die Behandlung des Dorfes durch die große und kleine Politik. In dem Werk von Gerhard Henkel hat die Kirche ebenso Platz wie die Vereine, die Jagd wie die dörfliche Genossenschaften, die die Grundversorgung zu sichern versuchen. Wer über das Dorf schreibt, versucht die Qudratur des Kreises. Es gibt mehr als 35.000 deutsche Dörfer und: keines gleicht dem anderen. Damit jedoch nicht nur das typische Dorf zur Geltung kommt, werden mehrere hundert Dorfbeispiele aus allen Teilen Deutschlands angeführt und beschrieben, und auch viele ihrer Bewohner kommen zu Wort.

Was sind die Vorzüge eines Buches, das Aussichten hat, für viele Jahrzehnte sich in dieser Sparte das Prädikat "Standardwerk" zu verdienen? Es muss nahezu alles umfassen, klar gegliedert und systematisch strukturiert sein, dabei Wichtiges vertiefen und Nebensächliches bestenfalls streifen, illustriert und auch für den Laien leicht verständlich sein. Alle diese Punkte hat der Autor in 60 Beiträgen festgehalten. Gerhard Henkel hat eine filigrane und äußerst wertvolle historische Arbeit vorgelegt, die das Thema nicht aus den Augen verliert. Besonders hervorzuheben sind die Bild- und Fotovorlagen, die allen Beiträgen Anschaulichkeit und Lebendigkeit verleihen. Das handliche Buch, das Maßstäbe setzt, kann den mit Fragen zur Entwicklung des Dorfes und allen in diesem Bereich historisch Interessierten uneingeschränkt empfohlen werden. Das Buch wird seinen Wert und Platz behalten: als fundierte und informative Bilanz über die Entwicklungsgeschichte der Dörfer in Deutschland. Die Arbeit verdient große Anerkennung wegen ihrer Bestandsaufnahme in einer sich rasch ändernden Welt, sie ist eine Dokumentation von bleibendem Wert, sowohl für das Fachpublikum als auch für den interessierten Laien.

 

Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte, Heft 2/2012 (Dr. Johann Kirchinger)

Gerhard Henkel, emeritierter Geographieprofessor an der Universität Essen, zieht die Quintessenz seiner langjährigen wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem ländlichen Raum in einem opulent ausgestatteten Buch. Henkel will "die große und unterschätzte Bedeutung der Wirtschafts- und Lebensform Dorf für den Staat und die Gesellschaft herausstellen". Dabei besteht sein Ziel nicht in einer geschichtlichen Darstellung. Er "beschreibt und erklärt das heutige Dorf".

Den Anforderungen, denen sich Henkel in der Einleitung selber stellt, wird das Buch in jeder Hinsicht gerecht. Sicher stellt sein kenntnisreiches und engagiertes Buch eine wertvolle Bestandsaufnahme des Zustandes deutscher Dörfer am Beginn des dritten Jahrtausends dar, gerade auch für den Historiker.

 

FAZ vom 25.06.2012 (Ulla Fölsing)

Landflucht oder Landlust? - Das Dorf als Erfolgsmodell europäischer Vielfalt

Die aktuelle Begeisterung für das Landleben feiert der vormalige Professor an der Universität Essen mit einem gut zwei Kilo schweren, üppig bebilderten Buch. Er nennt das Dorf ein zunehmend unbekanntes Wesen, das im öffentlichen Bewußtsein generell eine geringere Rolle spielt, als ihm eigentlich zusteht. Dessen Wert für die Gesellschaft deutlich zu machen und dem ländlichen Raum mehr Anerkennung zu verschaffen, ist das Anliegen seines bunten Kaleidoskops.

Das schmucke Großformat versteht sich als soziokulturelle Zeitreise in die dörfliche Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Politik vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Der Aufbruch deutscher Dörfer in die Moderne geschah danach um das Jahr 1800, als sich die Agrar- zur Industriegesellschaft zu wandeln begann. Die Phase vehementer sozioökonomischer Veränderungen datiert zwischen 1950 und heute. Gerhard Henkel, Jahrgang 1943, hat die nachlassende Landwirtschaft und Infrastruktur, den hohen Verlust an dörflichen Arbeitsplätzen, und die wirtschaftliche Verarmung in seinem kleinen Heimatort Fürstenberg in der Nähe von Paderborn von Kindesbeinen an gesehen. In seinem Buch als Summe seines Lebens und seiner Forschung ist davon zu lesen. Ein Kapitel beschäftigt sich sogar mit dem Kampf um manchen Dorfladen in der Provinz, dessen Schließung die private Grundversorgung zum Problem macht.

Doch alles in allem wird ein durchaus positives Bild der ländlichen Wirtschaft präsentiert. Beim genauen Hinschauen zeige sich die Ökonomie in der Provinz robust, vielseitig und ausgewogen: "Trotz mancher Wandlungen und Krisen sind Land- und Forstwirtschaft sowie Handwerk und mittelständisches Gewerbe bis heute die ökonomische Basis des ländlichen Raumes." Die Gewichtsverschiebungen hätten nicht dazu geführt, dass man ländliche Gegenden als Verlierer bezeichnen könnte. Detailliert beschreibt Henkel dörfliches Wirtschaften heute. Wir erfahren, dass Bauern inzwischen mit Sensortechnik und GPS statt mit Pflug und Ochsen arbeiten, dass neue Gewerbe im ländlichen Raum traditionelles Handwerk abgelöst haben und dass vielerorts auf Tourismus gesetzt wird.

Henkel richtet seinen liebevollen Blick auf den relativ hohen Wohlstand im ländlichen Raum, auch wenn dieser "nicht unbedingt aus allen Statistiken (wie zum Beispiel über Kaufkraft und Einkommen) ablesbar ist". So gebe es eine beträchtliche Eigenheimquote, "mit über 80% mehr als doppelt so hoch wie in den Großstädten". Außerdem trügen informelles Wirtschaften und soziales Kapital zum Wohlstand auf dem Land bei: "Die Menschen helfen sich gegenseitig - generell mehr als in der Stadt - mit Gütern und Dienstleistungen".

Ein großes Plus sieht Henkel auch in der Ortsbezogenheit auf dem Land. Die Zufriedenheit mit dem von Kirchen, Festen, Vereinen und Nachbarschaft geprägten Wohnumfeld der Dorfbevölkerung sei mit 80 bis 90 Prozent doppelt so hoch wie vergleichbare Empfindungen in den Großstädten. Das sei eminent wichtig für die erfolgreiche Ansiedlung von Wirtschaftsbetrieben: "Die zufriedenen Einwohner sind ein weicher Wirtschaftsfaktor des ländlichen Raumes".

"Mehr Licht als Schatten" heißt das Fazit des Autors für das Dorf von heute.

 

K.WEST - Das Kulturmagazin des Westens, 06.2012 (Martin Kuhna)

Prokrustes und das arme Dorf

Wie wird man Dorfforscher? Gerhard Henkel ist selbst in einem Dorf aufgewachsen und lebt auch heute dort: Fürstenberg bei Paderborn. Mit 18 Jahren aber, 1961, war er schon ganz froh, dem Dorf zu entkommen, um Geografie und Germanistik zu studieren. In der Historischen Geografie waren damals mittelalterliche »Wüstungen« ein großes Thema. Viele solcher Wüstungen gab es im »Sintfeld« bei Paderborn – Heimat des Studenten Henkel. 42 mittelalterliche Orte, die »um 1400 fast alle weg« waren; Flucht vor mörderischen Fehden. So ergab es sich, dass Henkel mit einer Arbeit über dieses Thema 1971 promoviert wurde.

 

Was der Doktorand Henkel nicht wusste: Während er sich durch Archive wühlte, war seine dörfliche Heimat von einer neuzeitlichen, ganz realen »Verwüstung« bedroht: Raumordnung im Geist der Zeit. Das Thema sollte ihm sehr bald begegnen. Denn mehr als Archivarbeit interessierte ihn der zeitgenössische Strukturwandel auf dem Land. Als in einem Arbeitskreis »mal wieder über Wüstungen diskutiert« wurde, forderte Henkel, man möge sich um die Gegenwart kümmern und eine »Anwaltsfunktion« für die ländlichen Siedlungsformen übernehmen. Denn inzwischen hatte er planende Experten als tödliche Gefahr für das Dorf ausgemacht: »Alles Schlechte kommt von außen.

 

»Das Dorf« schildert ausführlich die Entwicklung der deutschen Dörfer und den erheblichen Wandel, den sie schon seit etwa 1800 durchlaufen hatten. Dennoch erscheint die frühe Nachkriegszeit um 1950 als Zäsur. »Bis 1950«, heißt es immer wieder. Bis dahin, so schließt man, waren die Dörfer noch so, wie sie um 1900 gewesen waren. Höfe und Vieh im Ortskern. Hühner auf der Straße. Schweinemast im Wald. Kirche, Handwerker, Läden, Dorfkneipe. Und dann wurde rasend schnell alles anders.

 

In deutschen Dörfern, sagt Professor Henkel, habe es ein Modernisierungsdefizit gegeben, das durch Krieg und Nachkrieg bis etwa 1950 andauerte. Das Unmoderne habe keineswegs nur idyllische Seiten gehabt: schlechte Bausubstanz, fehlender Wohnkomfort ohne sanitäre Einrichtungen, keine Infrastruktur wie etwa Kanalisation. Es habe also einen »Modernisierungsschub« gebraucht. Ein großes Problem der Landwirtschaft seien unzureichende Betriebsgrößen durch fortwährende Zersplitterung gewesen.

 

Die notwendige »Flurbereinigung« aber kam daher wie ein trojanisches Pferd. Innendrin steckten schon die harmlosen Begriffe »Auflockerung« und »Sanierung«. Sie verbanden sich bald zu einem massiven Angriff auf gewachsene Dorfstrukturen überhaupt, zu »Entkernungen«, »Flächensanierungen«, massenhaftem Abriss. Das Gleiche wie in den Städten, einschließlich überdimensionierter Straßenschneisen: »autogerechtes Dorf«. Ihren Höhepunkt erreichte diese Entwicklung um 1970, als sie auch nach Gerhard Henkels Heimatdorf Fürstenberg und dem Nachbardorf Haaren griff. Die beiden Gutachten der »Landesentwicklungsgesellschaft« stehen beim Professor im Bücherregal.

 

Irgendwelche Qualität hatten die Gutachter in den Orten nicht wahrgenommen: »gibt es nicht«, heißt es mehrfach. Arrogant und gnadenlos fällten die Experten ein vernichtendes Urteil, in nahezu angewidertem Ton. In seinem Buch zeigt Henkel zwei Karten aus diesen Planungen. »Haufendorf Haaren« steht jeweils darüber, und selbst der ostentative Gebrauch des wertneutralen Fachbegriffs an dieser Stelle scheint Abscheu zu signalisieren. Links sieht man die haufendorftypisch verstreuten alten Häuser, rechts einen Neuentwurf, nicht symmetrisch, aber wohlgeordnet, in dem kaum Altes erhalten ist. Das zugehörige Modellfoto zeigt einen Ortskern, der sich nicht von damaligen betonlustigen Trabantenstädten unterscheidet, bis auf die arme Dorfkirche mittendrin.

 

Auch für Gerhard Henkels Fürstenberg hat es diese Pläne gegeben. Gern führt er Besucher in das Dorf: gut 2500 Einwohner. Keine Puppenstube. Altes mischt sich mit Neuem. Manche Bauernhöfe sind längst, mit mehr oder weniger Geschmack, umgenutzt. In der Ortsmitte, wo das Dorf am schönsten ist, beschreibt Henkel mit einer Handbewegung den einst geplanten Verlauf einer breiten, wiewohl nicht einmal wichtigen Straße: Allein dafür hätten mehrere Häuser abgerissen werden müssen. »Die stehen jetzt alle unter Denkmalschutz« – und bilden, neben dem Schloss, Fürstenbergs identitätsbildenden Kern. Die wahnwitzigen Sanierungspläne von 1970 sind, wie im Nachbardorf Haaren, weitgehend Theorie geblieben. Bürger hatten protestiert. Seine Studenten, sagt Professor Henkel, hätten nie begreifen können, wie Leute mit Verstand je derartige Pläne produzieren konnten.

 

Das Europäische Denkmalschutzjahr 1975 habe erstmals ein Umdenken gezeigt, sagt Henkel. Das war genau die Zeit, in der er selbst sich mit dem Thema ernsthaft zu befassen begann und aktiv wurde. Unter anderem gründete er mit Kollegen den »Interdisziplinären Arbeitskreis Dorfentwicklung«, der seit 1978 alle zwei Jahre zum »Dorfsymposium« in Bleiwäsche lädt, das ist ein Nachbardorf Fürstenbergs. 1973 ging Henkel an die neue Essener Gesamthochschule. Die Atmosphäre dort sei für neue Ansätze in seinem Sinn sehr fruchtbar gewesen. Zudem seien im Ruhrgebiet ganz ähnliche Initiativen gegen »Sanierung« vermeintlich wertloser Siedlungen entstanden wie auf dem Dorf.

 

Nicht überall kam das Umdenken noch rechtzeitig. Durch die brutalen Sanierungspläne, so schreibt Henkel, hätten »die deutschen Dörfer in den 1960er und 1970er Jahren einen Großteil ihrer überlieferten Bausubstanz verloren«. Außerdem war Mitte der 70er Jahre ein Prozess noch in vollem Gange, der mit jener Sanierungsideologie eng verknüpft war: Gebietsreform. Sie beruhte, sagt Henkel, auf dem »Zentrale-Orte-Konzept«, entwickelt ausgerechnet für die nationalsozialistische Überplanung eroberter Ostgebiete. Dieser Behauptung einer quasi natürlichen Bedeutungs-Hierarchie sei nach 1950 die Weihe wissenschaftlicher Erkenntnis verliehen worden, »obwohl das mit Wissenschaft nichts zu tun hat«. Das bekannte Ergebnis: Die meisten Dörfer, so auch Fürstenberg, sind de jure gar keine mehr, sondern Teile einer künstlichen Großgemeinde oder »Stadt«.

 

Der Verlust lokaler Selbstbestimmung ist für Henkel ein erheblicher Verlust funktionierender Demokratie zugunsten einer »Fernsteuerung« von oben nach unten. Dieser Verlust beschränkte sich nicht nur auf Rathäuser und Verwaltung. Bildungsreformer erklärten die kleine Dorfschule grundsätzlich zum Inbegriff der Rückständigkeit: weg damit. Die Bundesbahn verfolgte ihr eigenes Zentrale-Orte-Konzept, legte Bahnhöfe und ganze Strecken still. In jüngerer Zeit folgte die Post. Und bis heute kapitulieren in Dörfern der letzte Bäcker, der letzte Metzger, der letzte Kramladen und die letzte Kneipe vor dem scheinbar unausweichlichen Zwang zur Zentralität. Selbst die christlichen Konfessionen lassen neuerdings zwar die Kirche im Dorf, verlegen aber Gottesdienste an »zentrale Orte«.

 

Dorfforscher Henkel erwähnt das alles zur Genüge in seinem Buch. Er räumt auch ein, dass vielerorts Häuser leer stehen, weil Höfe und Handwerksbetriebe aufgegeben wurden. Dass junge Leute ihre Dörfer in Richtung Stadt verlassen. Doch dass es mit dem Dorf auf breiter Front zu Ende geht, glaubt er nicht. Die anhaltende Begeisterung fürs Landleben, abzulesen am unglaublichen Erfolg einschlägiger Magazine, hält er nicht für bloße Spinnerei gelangweilter Städter. Das Dorfleben habe eindeutige Vorteile – und tatsächlich kämen heutzutage viele der weggezogenen jungen Leute nach ein paar Jahren wieder.

 

Den entscheidenden Vorteil sieht Henkel in der Gemeinsamkeit, dem Zusammenhalt. Mit diesem Potenzial habe eigentlich jedes Dorf die Chance, sich positiv zu entwickeln. Vereinsleben, Sportangebote, auch Kultur gebe es in vielen Dörfern reichlich. Gleichzeitig sei es im Dorf längst nicht mehr so eng wie früher. Spätabends noch ins Kino gehen, in Paderborn nämlich, das sei für die jungen Leute in Fürstenberg heute selbstverständlich. Die meisten Dorfbewohner verreisten regelmäßig. Beruflich pendeln ohnehin fast alle in andere Orte, ob alteingesessen oder zugezogen. Das alte, autarke Dorfdasein ist zwar für immer dahin. Aber die Arbeitslosigkeit, sagt der Professor, sei in vielen sauerländischen Dörfern weit geringer als in Städten, weil mittelständische Betriebe sich oft in ländlichen Regionen halten oder auch neu ansiedeln.

 

Über den typischen Zusammenhalt sei es auch möglich, die Dorfentwicklung bewusst voranzutreiben. Initiativen und Vereine übernähmen dann informell die Rolle der einstigen Dorfräte. Wenn es hart auf hart komme, hätten solche Initiativen auch schon letzte Bastionen des Dorflebens gerettet: die Kneipe, den Kramladen, auf ehrenamtlicher Basis weitergeführt. Man rettet verfallende Häuser und findet neue Nutzungen, man versucht, »stadtplanerische« Sünden früherer Jahre halbwegs zu korrigieren. Kämpft für eine neue Dorfschule.

 

Natürlich, gibt Gerhard Henkel zu, hänge der mögliche Erfolg auch von der Größe eines Dorfes ab und von der Lage: Zu nah an einer Stadt wird man zu leicht verschluckt. Zu weit ab von allem ist es auch schwierig. Aber Beispiele für wirklich gescheiterte, sterbende Dörfer in Nordrhein-Westfalen sind ihm nicht zu entlocken. Wer sehen möchte, wie Dörfer sich in den letzten Jahren um Entwicklung bemüht haben, sollte sich »Gold- und Silberdörfer« anschauen, in der Paderborner Gegend, im Sauerland, am Rhein. Der einst als Blümchenschau belächelte Schönheits-Wettbewerb heißt heute »Unser Dorf hat Zukunft«. Die Ergebnisse sind durchaus unterschiedlich. Aber wer sich über dörfliche Spießigkeiten erheben will, sollte bedenken: Das sind nicht selten Reparaturversuche an Entstellungen, die den Dörfern einst von schlauen Städtern aufgedrängt wurden. Es schadet nicht, vor der Entdeckungstour »Das Dorf« zu lesen.

 

Schönere Heimat, Heft 3 / 2012 (Annette Schäfer)

Kaum ein Buch ist in letzter Zeit so intensiv besprochen worden wie dieses umfangreiche Werk. Schon bei seinem Erscheinen als "Dorfbibel" bezeichnet, hat es sich der Herausforderung gestellt, den Lebensraum "Dorf" in all seinen Facetten zu schildern, sei es als Ort des sozialen Miteinanders, als Wirtschaftsraum, als Element der Kulturlandschaft oder als Bühne von Politik und staatlicher Regulierung. Es war höchste Zeit, den ländlichen Raum in den Mittelpunkt einer umfassenden Betrachtung zu stellen, nachdem die "Stadt" das Thema der vergangenen Jahrzehnte war.

Kaum zu übersehen ist ist die Zahl der Zeitschriften, die sich momentan mit dem ach so idyllischen Landleben befassen, die zeigen, wie man angeblich auf dem Land so wohnt und lebt. Man mag sich fragen, ob diese Blätter von Städtern gelesen werden, die sich aufs Land wünschen oder von Landbewohnern, die wissen möchten, ob sie auch allen Vorstellungen entsprechen.

Wer sich aber ernsthaft mit dem Landleben beschäftigen möchte, kommt an Gerhard Henkels Publikation nicht vorbei. Der Essener Humangeograph hat sich in seiner gesamten Forschungslaufbahn mit dem Phänomen "Dorf" beschäftigt, es in historischer und aktueller Hinsicht untersucht. Das nun erschienene Kompendium fasst in einer für die breite Öffentlichkeit - für die es vornehmlich gedacht ist - verständlichen Sprache alle wesentlichen Forschungsergebnisse zusammen

Einleitend führt uns ein historisches Kapitel in das "alte Dorf". Von den Anfängen sesshaften Zusammenlebens im Neolithikum bis in die Zeit um 1800 - hier zieht der Autor die Grenze zum "modernen Dorf" - ist das Dorfleben in eine geschichtliche Wirklichkeit eingebettet, zu der so dunkle Seiten gehören wie Leibeigenschaft, kriegerische Auseinandersetzungen und Abhängigkeit vom Wohl und Wehe der Landesherren.

Ab 1800 wandelt sich das Bild des Dorfes. "Vom Wirtschaftsriesen zum Sorgenkind?", so umschreibt Gerhard Henkel den ökonomischen Wandel, der sich aus der Entwicklung Deutschlands von der Agrar- über die Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft ergeben hat. Heute mag das Dorf gemeinhin als Sorgenkind gelten. Die gut ausgebildete Jugend wandert in die Städte ab, in manchen Regionen ist kaum mehr ein Geschäft im Dorf zu finden und die Infrastruktur verarmt. Forschern wie Gerhard Henkel ist es zu verdanken, dass der ländliche Raum auch in der Politik an Bedeutung gewinnt. Ein ganzes Kapitel ist dem drohenden Leerstand in den Dorfkernen gewidmet. Oft nur noch an den Rändern als günstige Wohnbaugebiete attraktiv, veröden die Zentren. Eine "Anpackkultur" ist gefordert, in der sich die Bürgerinnen und Bürger nicht nur auf staatliche Förderprogramme verlassen, sondern selbst Hand anlegen.

Dennoch nimmt auch die "Dorfpolitik" großen Raum im Buch ein. Sie betrifft alle, denn die Verhältnisse auf dem Land bestimmen auch das Leben in den Städten. Noch immer werden die meisten Lebensmittel in der Landwirtschaft erzeugt, und diese war im 20. Jahrhundert massivsten politischen Schwankungen unterworfen. Flurbereinigung, Dorferneuerung und die landschaftlichen Veränderungen durch neue Energiegewinnungsformen - all das sind Faktoren, die das Dorf verändert haben. Doch das ist nichts wirklich Neues, sagt der Autor und berichtet von Flurbereinigungsmaßnahmen im Allgäu des 16. Jahrhunderts und der Dorf- und Landschaftsverschönerung des frühen 19. Jahrhunderts. 

Die sachliche Betrachtungsweise ist das große Verdienst des leidenschaftlichen Dorfforschers Gerhard Henkel, der abschließend einen Blick auf das deutsche Dorf im Jahr 2011 wagt. Es hat mit großen ökonomischen und sozialen Herausforderungen zu kämpfen, aber durch die Tatkraft seiner Bewohner und die Unterstützung einer intelligenten Politikwird es gewiss auch weiterhin ein starker Faktor in einem städtisch geprägten Land Land bleiben.

Der Band "Das Dorf" ist mit seiner ansprechenden Gestaltung und den überzeugenden, wissenschaftlich fundierten und mit dem persönlichen Engagement des Verfassers vorgetragenen Inhalten schon jetzt ein unverzichtbares Standardwerk der sozialgeographischen Literatur Deutschlands.

 

Amerika Woche vom 7./14.05.2012 (Andreas Schumacher)

Von Beständigkeit und Veränderung: Das Deutsche Dorf

Der Verfasser, der als Professor für Humangeographie an der Universität Duisburg-Essen forscht und von Geburt an im dörflichen Lebensumfeld fest verwurzelt ist, zeichnet ein ausgewogenes Bild deutschen Landlebens in Vergangenheit und Gegenwart, welches dem Leser ausreichend Platz für eigene Meinungsbildungen lässt.

In der Tat geglückt ist das Gesamtkonzept des Werkes: Neben vielen kurzen, leserfreundlichen, den Informationsgewinn jedoch keineswegs schmählenden Kapiteln, unzähligen farblichen geographischen Karten und verschiedenen, textbegleitenden Schaubildern sowie Abbildungen von Gemälden, historischen und zeitgenössischen Photographien, Federzeichnungen und Kupferstichen, zitiert Henkel wiederholt aus zahlreichen Primärquellen.

Es ist dem Verfasser gelungen den historischen Tatbeständen und den neuesten Entwicklungstendenzen der Dorfkultur in Deutschland durch die Kapitel hindurch gleichviel Aufmerksamkeit zu widmen.

Professor Henkel legt mit seinem grossformatigen, reich illustrierten Werk eine ausser-gewöhnlich faszinierende und überraschend facettenreiche Kulturgeschichte des deutschen Dorfes vor - ein wunderrbarer Band, der das Potenzial zum Klassiker in sich trägt.

 

DEMO - Die Monatszeitschrift für Kommunalpolitik, Heft 5-6 / 2012 (Stefan Grönebaum)

Erfolgsmodell mit Problemen

Gerhard Henkel, emeritierter Essener Geograph und Nestor der Dorfforschung, beschreibt in verständlicher Sprache das deutsche Dorf. Der mit 300 Bildern aus eben so vielen Beispieldörfern der ganzen Republik reich illustrierte Band gibt einen umfassenden Überblick über Historie und Gegenwart, Stärken und Probleme der 35000 deutschen Dörfer.

Sein Fazit: Im deutschen Dorf ist "mehr Licht als Schatten". Es ist in der Moderne angekommen, und gehört trotz Problemen "zu den Erfolgsmodellen der europäischen Geschichte". Dieses Buch ist ein Muss für alle Kommunalpolitiker, engagierte Bürger und Freunde des Dorflebens.

 

Süddeutsche Zeitung vom 12.03.2012 (Klaus Brill)

Deutsche Dörfer: Heute sind viele in Gefahr zu veröden. Aber Gerhard Henkel kennt und liebt sie.

Im seriösen Erzählton, auch für Laien gut verständlich, schreitet der Autor den Horizont der ländlichen Entwicklung ab, beginnend mit der neolithischen Revolution vor 7000 Jahren über die mittelalterliche Grundherrschaft und die frühen Formen der Selbstverwaltung bis zur Aufhebung der Leibeigenschaft nach der Französischen Revolution. Die Grenze zum modernen Dorf zieht Henkel in der Zeit um 1800, um dann in vielen Einzelaspekten die seither eingetretenen Veränderungen zu schildern.

Diese ungeheure Bandbreite des Geschehens detailgenau zu entfalten: das ist einer der Vorzüge des neuen Buches von Gerhard Henkel „Das Dorf“. „Natürlich gibt es nicht das typische deutsche Dorf“, schreibt der Autor und verweist auf „die enormen Unterschiede zwischen den mehr als 30 000 Dörfern“ im Land. Und doch gelingt ihm ein umfassender Überblick, der allen Negativsyndromen zum Trotz das deutsche Dorf noch immer als „ein Erfolgsmodell der europäischen Kulturgeschichte“ (neben der Stadt) erscheinen lässt.

Henkel bringt für solche Analysen beste Voraussetzungen mit. Der emeritierte Essener Humangeograph gilt als „deutscher Dorfpapst“ und Nestor der deutschen Dorfforschung. Einen Namen hat er sich nicht nur mit einem Standardwerk über den ländlichen Raum gemacht, sondern auch als Initiator und langjähriger Leiter der Dorfsymposien in Bleiwäsche bei Paderborn. Im zweijährigen Turnus treffen sich dort Geographen, Soziologen, Historiker und Architekten mit Ortsvorstehern, Bürgermeistern, Planern und Ministerialbeamten zum fruchtbaren Austausch. Dorfpolitiker diskutieren zwanglos mit Hochschullehrern. Im Lauf von mehr als 30 Jahren kommt da viel an Erfahrungen zusammen, und Henkel hat aus diesem Fundus tief geschöpft.

Der Verfasser lässt sich bei seinen Betrachtungen aber weder von der süßlichen Schwärmerei der alten Heimatkunst-Bewegung noch von der Dorfverachtung der westdeutschen Nachkriegszeit leiten. Nüchtern analysiert er, was ist.

Mehr als 300 verschiedene Dörfer und kleine Städte dienen ihm als Beispiele. Eine beigefügte Karte verdeutlicht, dass sie im ganzen Land verstreut sind, von Niederförde in Schleswig bis Feldwies im Chiemgau. Mehr als 100 Dorfbewohner und Experten kommen zu Wort, zudem ist der großformatige Band mit mehr als 300 Bildern ausgestattet.

 

Hessische Akademie der Forschung und Planung im ländlichen Raum - Mitteilungen, Heft 43 / März 2012 (Roswitha Rüschendorf)

Mit seiner Neuveröffentlichung „Das Dorf - Landleben in Deutschland“ hat Gerhard Henkel die Buchlandschaft zum Thema Entwicklung ländlicher Räume bereichert.

Wie von einem wissenschaftlichen Werk zu erwarten, spiegeln seine Ausführungen einerseits die Erkenntnisse seiner langjährigen Forschung wieder. Andererseits, und das macht das Werk zu einem besonderen Genuss, verkörpert es die Erfahrungen eines Mannes, der nicht nur physisch, sondern auch emotional im Dorf zu Hause ist und in diesem auch aktiv wirkt. Somit schreibt Gerhard Henkel nicht lediglich über das Dorf, sondern positioniert sich gleichwohl als Akteur und Betroffener im dörflichen Gemeinwesen. Gerhard Henkel tritt so auch parteiisch auf. Er verweist auf „die große und unterschätzte Bedeutung der Wirtschafts- und Lebensform Dorf für Staat und Gesellschaft“ und wirbt um „Respekt und Anerkennung“. Ein ganz persönliches Buch also, das Gerhard Henkel der Öffentlichkeit übergibt. Es ist gerade auch dieser Aspekt, der es von zahlreichen anderen Publikationen und eigenen Veröffentlichungen absetzt.

Damit spricht das Buch ein breites Publikum an. Es richtet sich an Menschen, denen das Dorf und seine Entwicklung am Herzen liegen und die ihm verbunden sind. Es möchte aber auch diejenigen erreichen, die Erklärungen für den rapiden wirtschaftlichen und sozialen Wandel der vergangenen Jahrzehnte mit all seinen kulturräumlichen Wirkungen suchen. Kurz gesagt: Das Buch möchte Verstand, Geist und Gefühl gleichsam bedienen. Wohl auch vor diesem Hintergrund hat Gerhard Henkel jedes Kapitel mit zwei Überschriften bedacht. So heißt es beispielhaft: „Ein Forsthaus steht im Wald, ein Sägewerk im Dorf - Zum Wandel der Forst- und Waldwirtschaft“. Oder: „Ein Kahlschlag geht durchs Land“ - Zum Wandel der traditionellen Dorf- und Flurformen“. Der kulturgeschichtlich - biografisch als auch der wissenschaftlich interessierte Leser werden somit gleichermaßen angesprochen.

Diesem Ansinnen folgend hat der Theis Verlag eine ästhetisch ansprechende Bildbandgestaltung gewählt. So kommen Wort und Abbildung gleichermaßen zur Geltung. Zahlreiche Bilder visualisieren den Text, geben ihm förmlich ein Gesicht. Dabei ist sowohl die Bildauswahl als auch ihre Qualität überzeugend.

Zu guter Letzt: Hat Gerhard Henkel sein Lebenswerk verfasst? Vielleicht! 1500 Jahre Entwicklung der ländlichen Räume und ihrer Dörfer verständlich, kurzweilig und wissenschaftlich begründet in einem Buch dar zu stellen, das ist wahrlich eine Herausforderung. Diese hat Henkel überzeugend gemeistert.

 

Flächenmanagement und Bodenordnung - fub - Zeitschrift für Liegenschaftswesen, Planung und Vermessung, Heft 1 / Febr. 2012 (Joachim Thomas)

„Wer über das Dorf schreibt, versucht die Quadratur des Kreises“, so steht es auf dem Waschzettel des Schutzumschlages dieses Buches. Doch eine Quadratur des Kreises ist dem Verfasser in gleich mehrfacher Hinsicht gelungen:

Einmal, weil er ein wirklich authentisches Bild vom Leben auf dem Lande in Deutschland zeichnet, indem er an mehreren hundert Beispielen aus allen Teilen Deutschlands nicht nur Dorftypen schildert, sondern auch das Besondere des jeweiligen Dorfes und seine Individualität deutlich werden lässt; die behandelten oder abgebildeten Dörfer sind einer Deutschlandkarte im Einbanddeckel geografisch auszumachen. Die erfolgreiche Quadratur des Kreises liegt aber auch darin, dass dem Autor gleichermaßen ein empfehlenswertes Fachbuch, ein überzeugendes Sachbuch und ein anregendes Bilderbuch gelungen ist - ein Fachbuch für den in der ländlichen Entwicklung tätigen Politiker und Verwaltungsfachmann mit einem umfassenden Quellen- und Literaturverzeichnis, ein Sachbuch für alle, welche im ländlichen Raum leben und arbeiten und Aufschluss über und Anregungen für ihr tägliches Tun suchen; hier werden Sachverhalte im großen historischen und gesellschaftlichen Zusammenhang mit wissenschaftlicher Ernsthaftigkeit aufbereitet und doch immer in einer Sprache, die den Menschen im Blick hat. Schließlich ist das Buch ein Bildband mit brillanten, aussagekräftigen Fotos und Abbildungen sowie verständlichen Bildunterschriften, in dem es einfach nur Freude macht zu schmökern.

 

Gerhard Henkel erklärt das Phänomen „Dorf“ aus seinem unerschöpflichen Erfahrungsschatz einer lebenslangen wissenschaftlichen Befassung mit den ländlichen Räumen; er beschreibt die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einflussgrößen, die kulturellen, ökologischen und baulichen Merkmale aus der Entstehung der Dörfer heraus.

Im ersten Teil des Buches befasst er sich mit dem „alten Dorf“, welches er als „Vorgeschichte des modernen Dorfes“ ansieht. In diesem Teil wird deutlich, dass es nicht weit her war mit dem „Leben in der guten alten Zeit“: Agrarkrisen, Seuchen, Bauernaufstände gegen die Grundherrn sowie schreckliche Kriege waren die Ereignisse, welche einer prosperierenden ländlichen Entwicklung Grenzen setzten.

Im Mittelpunkt dieses Buches steht aber „Das moderne Dorf“ als Manifestation des Lebens auf dem Land im Allgemeinen. Der Autor gliedert diesen Teil in die Abschnitte „Wirtschaft und Versorgung“, „Bevölkerung – Soziales – Kultur“, „Gestalt der Kulturlandschaft“ sowie „Dorfpolitik“. Schon die Kapitelüberschriften sind bemerkenswert, vermitteln sie doch bereits bestimmte Botschaften und laden insofern zum Weiterlesen ein. Es wird die Vielfalt der Dorf- und Flurformen sowie der Gehöft- und Bauformen behandelt – als Ausdruck planender Gestaltung und spontaner, ungeregelter Entstehung und Entwicklung. Doch spiegeln sich darin auch die jeweiligen sozioökonomischen und technischen Rahmenbedingungen wider sowie die Auswirkungen der modernen Agrarpolitik und Politik für die ländlichen Räume der Jetztzeit. Dabei kommen auch der Zeitraum der kollektiven Landwirtschaft von 1945 bis 1990 in Ostdeutschland und ihr Einfluss auf die Dorf- und Flurformen in diesem Teil Deutschlands nicht zu kurz.

Besonderes Augenmerk legt der Autor auf die ländliche Kulturlandschaft als wertvollem Erbe früherer Generationen; sie sei - wie im Übrigen die Dörfer - letztlich auch nur das Ergebnis der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik der Vergangenheit sowie das Ergebnis einer Entwicklung, welche – wie der Verfasser an überzeugenden Beispielen zeigt - auch heute noch im Gange ist. Deshalb verwundert es nicht, wenn sich hier eine kritische Auseinandersetzung mit dem modernen Begriff der „historischen Kulturlandschaft“ findet. Auch das Kapitel „Dorfpolitik“ schlägt einen großen Bogen von den Anfängen einer systematischen Fachpolitik für die ländlichen Räume in Deutschland Anfang des 19.Jahrhundert bis in die jüngste Zeit, in der es neben der staatlichen Raumordnung um die Modernisierungswellen in den Dörfern, die Geschichte der kommunalen Selbstverwaltung auf dem Lande sowie die Fragen von Fremd - oder Selbstbestimmung der Dörfer geht; hier kommen die kommunalen Gebietreformen ebenso vor wie die Trendwende zur ganzheitlichen und erhaltenden Dorferneuerung und der Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“. Denn die „Dorfgemeinde lebt von ihrer aktiven Bürgerschaft, die sich Gedanken um die Zukunft des Dorfes macht und dann auch konkrete Aufgaben übernimmt“. Der Blick in die Zukunft mit zwei denkbaren Entwicklungsszenarien rundet diese Kapitel ab.

 

Dem Leser dieses Buches wird schon nach wenigen Seiten der in über 60 Kapiteln prägnant behandelten Einzelaspekten zum Dorf und dem dörflichen Leben klar, dass „Das Dorf“ dem Verfasser mehr ist als Objekt der wissenschaftlichen Arbeit und Forschung. Der Verfasser atmet die Luft des Dorfes und seiner Bewohner; er findet immer die Sprache, welche auch dem Nichtfachmann die Aussagen plausibel und nachvollziehbar erscheinen lassen. Und deshalb nimmt der Leser dem Verfasser unwidersprochen ab, dass das deutsche Dorf in den letzten zweihundert Jahren eine neue Identität gewonnen habe; die Stärken und Chancen des Dorfes lägen in seiner Überschaubarkeit; das Dorf gehöre als Siedlungs- und Sozialform zu den Erfolgsmodellen der europäischen Geschichte.

 

Dem Autor und dem Verlag kann man zur Herausgabe dieses Werkes nur gratulieren; dem Buch ist eine weite Verbreitung zu wünschen.

 

DAAD - Letter Literatur, Dezember 2011 (Christoph Kessler)

Der emeritierte Geographie-Professor Gerhard Henkel hat ein gut lesbares, materialreiches und mit zahlreichen farbigen Abbildungen versehenes Werk über Herkunft und Zukunft der Dörfer vorgelegt. Henkel nennt konkrete Beispiele für geglückte Dorferneuerungen, rechnet aber auch - vor allem im Osten Deutschlands - mit "sterbenden Dörfern". Die künftige Lebensqualität in den Dörfern hänge davon ab, die richtige Mischung aus Tradition und Moderne zu finden. Am Ende der Betrachtung überwiegt bei dem Buchautor vorsichtiger Optimismus - getreu dem Sprichwort "small is beautiful".

 

Heimat Thüringen, Heft 4 / Dezember 2011 (Dr. Burkhardt Kolbmüller)

Hat das Leben auf dem Land noch eine Zukunft? Oder ist das Dorf eine aussterbende Gattung, die mit der Industrialisierung der Landwirtschaft, spätestens jedoch mit dem anstehenden demographischen Wandel und der Abwanderung junger Menschen ihre Existenzberechtigung verloren hat? Darauf gibt es keine einfachen und vor allem keine pauschalen Antworten. Für jedes Dorf, für jede Region und vor allem in Zusammenhang mit individuellen Lebenssituationen und Lebensplanungen werden die Einschätzungen sehr unterschiedlich, ja gegensätzlich ausfallen. Diese Ambivalenz spiegelt sich auch in der aktuellen Literatur wider, wobei nach meinem (subjektiven) Eindruck die Pro-Dorf-Publikationen spürbar im Kommen sind.

An erster Stelle sei hier das neue Buch des deutschen "Dorf-Papstes" Gerhard Henkel genannt: "Das Dorf. Landleben in Deutschland gestern und heute" dokumentiert auf knapp 350 Seiten und mit mehr als 300 Fotografien die Vielfalt des Dorflebens. Wie hat sich die dörfliche Wirtschaft seit den Zeiten von Müller, Schmied und Dorflehrer entwickelt? Wie lebten die Dorfbewohner vom Mittelalter bis zur Neuzeit? Wo stecken heute die Chancen, wo die Perspektiven? Oder sind die Zeiten des Dorfes doch vorbei? Gerhard Henkel, der selbst von Kindesbeinen an im Dorf lebt, beschreibt ausdrücklich und ungeschminkt alle Aspekte dieser nach wie vor beliebten Siedlungsform. Man muß sicher kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass sich dieser Band zu einem Standardwerk und "Klassiker" der Dorfliteratur in Deutschland entwickeln wird.

 

Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt vom 9.12.2011 (Elisabeth Jahrstorfer)

Der schmucklose Titel "Das Dorf" weist darauf hin, worum es geht. Nämlich um alles. Der Dorfforscher und Professor für Humageographie hat mit seinem neu erschienenen Buch ein Standardwerk geschaffen. Der Autor zeigt die Entwicklung des alten Dorfes in die Moderne auf. Er beschreibt die Vielfalt des Landlebens, den Wirtschaftsraum, die Bevölkerung, die kulturellen, sozialen, baulichen und ökologischen Werte. Dorfleben hat viel Gemeinsames und doch ist jedes Dorf anders. Dies zeigen über hundert Dorfbeispiele aus ganz Deutschland, in denen Henkel auch die Bewohner zu Wort kommen läßt.

Der Autor will die Vielfalt des Landlebens und der ländlichen Kulturlandschaft aufzeigen, auch vor dem Hintergrund, daß der ländliche Raum im öffentlichen Bewusstsein und der Politik eine geringere Rolle spielt als ihm zusteht. Schließlich bringt Henkel seine persönlichen Erfahrungen als Bewohner eines westfälischen Dorfes in das Buch ein. Über 300 sorgfältig ausgewählte Gemälde und Fotos unterstreichen das Geschriebene. Das Buch ist eine spannende Lektüre für jeden, der mehr über die Entwicklungen auf dem Land wissen will, ob Dorfbewohner oder Städter.

 

Wirtschaftswoche vom 28.11.2011

Der Doyen unter den deutschen Dorfforschern beschreibt und erklärt anhand von mehr als 300 Fotos, Graphiken und Karten das heutige Dorf. Henkel zeigt, wie der ländliche Raum durch das Nebeneinander von ökonomisch kraftvollen und schrumpfenden Regionen geprägt wird, wobei vor allem die jungen, gut ausgebildeten Leute wegziehen. Die Folge: Die Dörfer überaltern, die Ortskerne lösen sich sich auf, die Leerstandsquote erreicht teilweise zwischen 20 und 35 Prozent. Dennoch ist Henkel nicht pessimistisch. Die stärkste Ressource des Dorfs ist für ihn die Bereitschaft zum solidarischen Anpacken gemeinsamer Aufgaben. Einzelne Dörfer wie etwa das oberbayrische Weyarn (Kreis Miesbach) zeigen, wie "umfassende Bürgerbeteiligung" und "Transparenz in allen kommunalpolitischen Angelegenheiten" Vitalität und Eigenart des dörflichen Lebens stärken können.

 

Welt am Sonntag vom 23.10.2011 (Andreas Fasel)

Seit Jahrzehnten erforscht der Geograph Gerhard Henkel das Leben auf dem Land. Jetzt hat er sein Wissen in einem prächtigen Buch zusammengefasst. In seinen Texten bündelt Henkel die Erkenntnisse der historischen, soziologischen, ökonomischen, politischen und kulturellen Forschung - und übersetzt sie in die Verständlichkeit eines Lesebuchs. Er liefert geschichtliche Hintergründe, Gegenwartsanalysen und Ausblicke in die Zukunft. Er spannt den Bogen von Ackerbau und Viehzucht bis hin zum modernen Lifestyle. Und immer ist Henkels Anliegen präsent: Er will den Wert des Dorfes für unsere Gesellschaft verdeutlichen, und er wirbt für mehr Anerkennung der ländlichen Region.